Schlicht und ergreifend


So lautet eine der häufigsten Phrasen, die von Regierungsmitgliedern verschleudert wird. Und beschreibt gleichzeitig den Zustand ihrer selbst. Es ist einerseits so hinfällig, Worte über eine Bundesregierung zu verlieren wie die österreichische, und doch möchte es nicht hingenommen werden. Wo beginnen? Am Anfang? In der Mitte? Einen Blick in die Zukunft riskieren? Wenn schon sonst nichts aus der Geschichte gelernt wird, so zumindest jenes, die Unterschätzung der Weckrufe an die niedrigsten Instinkte nicht zur Wiederholung gelangen zu lassen. Ob die gesellschaftliche Etablierung und Kultivierung der miesesten Eigenschaft des Menschen, nämlich das Recht des Stärkeren zur Unterdrückung und zum verächtlich Machen von Schwächeren schließlich die Oberhand bekommen kann, werden wir sehen, zur Zeit gibt es eifrige Handwerker und willige, zugleich unwissende und vor allem machthungrige Leute, denen es völlig egal ist, mit wem sie einen Thron besteigen. Völlig egal. Hundertprozentig egal. Und gleichzeitig ist ihnen völlig egal, welches Bild sie von einem Staat in der Öffentlichkeit abgeben, da es aufgrund ihres Nichtwissens und ihrer Unerfahrenheit, gepaart mit der daraus resultierenden Arroganz als Angriffsmittel zum Zwecke der Verteidigung, keine Kapazität zu Selbstreflexion gibt. Es ist vehement zu bestreiten, dass es diesen Leuten ein Anliegen ist, etwas für die Allgemeinheit tun zu wollen.

Kommunikation hat das Gespräch abgelöst. Es wird so viel kommuniziert wie noch nie, und noch nie wurde so wenig Inhalt transportiert. Es ist nicht neu, dass stete Tropfen Steine höhlen, und nicht zufällig werden in diesen Tagen genau jene Propagandamethoden zu einem neuerlichen Erfolg geführt, deren Urheber sich im Nationalsozialismus profiliert und durchgesetzt haben. Egal was auch immer erzählt wird, wie unsinnig es auch sein mag: Wiederhole es oft genug, und irgendwann wird es geglaubt. Zumindest von vielen. Dass ein solches Vorgehen eine Gesellschaft spaltet ist als logische Konsequenz zu nehmen. Die einen pfeifen auf die Richtigkeit und den Wahrheitsgehalt einer Information, um endlich wem immer eins auswischen zu können, wofür auch immer. Die anderen erkennen Unsinn durch Recherche. Die sind nicht loszuwerden, das können wir garantieren. Welchen Antrieb und Informationsstand die Autoren und Verbreiter fragwürdiger und vor allem falscher Informationen haben, lässt sich schwer feststellen. Bei einigen wollen manche Menschen Strategie finden. Bei vielen aber bleibt zu befürchten, dass geglaubt was verbreitet wird, zu verbissen kommen die Tiraden serviert. Das ist aber längst bekannt. Seit vielen Jahren wird Bescheid gewusst, welchen Ursprungs die Gesellen des kleinen Koalitionspartners sind.

Der möchte ganz viel verbieten. Natürlich mit dem Einverständnis des großen Koalitionspartners, sonst würde ja ein Einspruch hörbar werden. Er möchte Zeichen verbieten, Symbole, Gesten gar. Vielleicht helfen wir ihm ein bisschen dabei, ich denke, alle dort in dieser Regierung können ein wenig Hilfe gebrauchen. Der Wolfsgruß möchte verboten werden, den türkische Rechtsextremisten sich zuwerfen. Das wird leicht und gut zu kontrollieren sein und also gelingen, und bestimmt wird sich dieser Gruß bald für immer von dieser Welt verabschieden, genauso wie seit vielen Jahren niemand mehr mit einer einzigen Hand drei Bier auf einmal bestellt, weil es sich nicht gehört. Da geht der Vizekanzler strammen und aufrechten Schrittes voran auf der Strasse der Korrektheit. Wobei jetzt nicht genau zu bestimmen ist, ob der Vizekanzler damals drei Bier bestellt hat oder doch erst zwei wollte und den Daumen erst im letzten Moment vom Wolfs- in den Kühnengruß gebracht hat. Ganz ehrlich, ob es ein Gruß von türkischen Faschisten ist oder eine Abwandlung des Hitlergrußes – es ist eine blitzsaubere Lösung und tolle Leistung, in welch eindrucksvoller Manier der Vizekanzler es in einer nie da gewesenen Metamorphose vom Wehrsportler zum Vizekanzler und Sportminister gebracht hat. Der nun noch dazu seinen Innenminister damit beauftragt, dass andere juvenile und gleichzeitig geistig schon jetzt senile Unwissende vor ausschweifender Unbesonnenheit bewahrt werden, eine anrüchige Fingerfigur der Welt zu zeigen.

Ein Kopftuch wird nun auch teuer. Und sein Verbot wird bestimmt ganz viele Muslime katholisch machen, aber hallo. Es muss nur noch konsequenter werden, ein Vorschlag wäre, nicht mehr nach Mekka schauen zu dürfen. Südosten ist also aus, es gibt immerhin 359 Restgrade, wo die Nase hineingehalten werden kann, aber der eine ist verboten, wobei dieser natürlich nicht immer der gleiche ist, es kommt immer drauf an, nein, nicht wie weit rechts jemand steht, sondern wo insgesamt jemand steht. Von Rom aus hat man einen anderen Winkel als von Wien, nur das Ziel ist dasselbe. Bleibt zu hoffen, dass sicherheitshalber nicht gleich der ganze Bogen Richtung Mittagssonne ausblicksmäßig verboten wird, zu wenig braun würden wir alle ohne Sonne, aber vielleicht hilft eine ganz hohe Tujenhecke, wo die Sonne also durch eine pflanzliche Immigrantin durchsickern könnte. Zum Glück ist die Polizei von morgen mit dem Pferd unterwegs, es gibt viel zu tragen in Zukunft: Das kleine Handbuch der Pfuigestik, ein Kompass, ein Wäschesack für die konfiszierten Kopftücher, die kann der Innenminister als Leintücher aufziehen. Zusätzlich zu den üblichen Sachen wie Elektroschocker und Gummiknüppel, einem Telefon und Dienstwaffe kommt da was zusammen. Ein weiterer Schritt könnte sein, dass den Pferden eine Kutsche angehängt wird für den Verbotsdurchführzubehör.

Wo sich Folgendes noch hinzufügen wird: Das Abhörgerät. Das ist nicht klein, wie wir aus dem Fernsehkrimi wissen. Es hat einen Pistolengriff und eine kleine Satellitenschüssel quasi vorne dran. So können die Schulhöfe aus sicherer Distanz abgehört werden, und sollte einer erwischt werden beim Nichtdeutschreden kost´s. Die Kutsche bräuchte noch Anhänger, damit die garstigen Schüler, die unser schönes Deutschtum in den Dreck ziehen, auch gleich arretiert werden können, was der Hatschi Bratschi kann können wir längst, diese Rechnung ist sowieso noch offen wie eitrige Schnittwunden eines Krummsäbels.

Soweit der Blick in die Zukunft. Die Gegenwart zeigt aber das wahre Gesicht, das nicht überrascht. Wir haben einen Kanzler, der definitiv das Gegenteil verkörpert zu dem was er erzählt. Kleine Kinder glauben, dass sie nicht gesehen werden, wenn sie selbst niemanden sehen und die Hände vors Gesicht halten. Wenn sich jemand Gesprächen und Diskussionen nicht stellt, sollte er nicht glauben, dass diese deshalb nicht stattfinden, weil er nicht dabei ist. Er spricht von Brücken, die er bauen möchte, für Europa, und baut stattdessen Mauern auf und reisst die Brücken nieder. Er spricht von Europa, während er Nationalismus produziert. Er spricht von Patriotismus, während Rechtsextremisten bis ins Knochenmark der Republik vordringen. Jemand von dieser Natur ist schon lange kein Handlanger oder Ermöglicher von rechtsextremen Tendenzen und Handlungen, sondern bereits mittendrin als begeisterter Wegbereiter und Protagonist eines unangenehmen Trends, den dieser Kontinent gerade erlebt.

Folgender Satz erreichte uns vom Vizekanzler, in welcher Angelegenheit spielt dabei keine Rolle: “Es ist so, dass die Regierung da oder dort Experten nominiert”. Das ist schön, wenn wenigstens da oder dort welche mit ein wenig Ahnung arbeiten, wenn schon die Regierung selbst in verblüffender Offenheit eingesteht, dass dort offenbar keine Experten arbeiten, sondern möglicherweise diese Veranstaltung als Talenteschmiede betrachtet wird, wo auch immer das Talent liegt. Tatsächliches Talent fehlt. Das einzige Talent, das im Überfluss vorhanden ist, ist jenes der Selbstdarstellung. Dirk Stermann sagte schon vor Jahren bei einem FM4-Fest sinngemäß, dass dort heute die Hits gespielt werden, die dann zehn Jahre später auf Ö3 zu hören sein werden. In spärlichen Resten von sehenden und recherchierenden Medien werden heute die katastrophalen Defizite dieser Regierung mit ihrem rechtsextremen Beigeschmack erörtert und notiert, über die hoffentlich nicht zu spät, aber doch eines Tages alle Bescheid gewusst haben werden, die heute fröhlich vom Trittbrett des rechtspopulistischen Unsinns winken. Folgende Worte gibt es von Gerhard Bronner: “Es gibt drei Dinge, die sich nicht vereinen lassen: Intelligenz, Anständigkeit und Nationalsozialismus. Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig. Man kann anständig und Nazi sein. Dann ist man nicht intelligent. Und man kann anständig und intelligent sein. Dann ist man kein Nazi.” Sonderlich weit entfernt scheint es zur Zeit nicht, und dieser Satz ist für diese Bundesregierung anwendbar. Für die gesamte.

 

 

  • Bildrechte/copyright Ⓒ: W. Schaidinger