Zweiwöchige Schicksalsgemeinschaft ( unter tropischer Sonne zusammengeschweißt)


Wer mit einer Gruppe in Urlaub fährt, wird an längst überstandene Familienausflüge denken. „Wo ist denn der Paul?“ „Der ist noch auf dem Klo“, „Ich kann meinen Koffer nicht finden“, „Wir müssen aber los“. „Hast du den Herd abgestellt?“ „Hat jemand mal ein Taschentuch?“ Und so weiter und sofort… und irgendjemand hat dann doch die Gummiente unter dem Arm geklemmt.

Und dann geht es los: Eingestiegen in den Flieger irgendeiner Großstadt, ausgespuckt am Flughafen des Urlaubsparadieses auf einer Betonpiste, die Sonne brennt einem auch noch die letzten Gedanken weg, Autohupen und die nicht unbegründete Angst, überfahren zu werden. In den Ferien gelten im Grunde dieselben Regeln wie am Arbeitsplatz: Geh niemandem auf den Sack, auf dass auch dir niemand auf den Sack gehe! In der Soziologie ist ja bereits bekannt, dass wir es bei Menschen auch mit sozialen Typen zu tun haben. Bei genauerem Hinsehen bietet sich da doch einiges dar.

Bei einem Mittelschichtsurlaub darf der Lehrer nicht fehlen. Lehrer reden meistens laut, soviel steht schon mal fest, die Stimme ist schließlich das Mittel ihrer beruflichen Durchsetzung gegen Kinderhorden. Außerdem müssen Lehrer im Brustton der Überzeugung sprechen können,  ob das im Urlaub nun das Frühstück, die aktuelle Lektüre, oder das Land betrifft, in dem man gerade verweilt. Neben den bestimmten Tonfall wird auch der schweifende und kontrollierende Blick auf die Klasse im Urlaub nicht abgelegt, so dass man sich bei der alten Angst ertappt, bloß nicht beim Kippeln erwischt zu werden (und gleichzeitig eine merkwürdige Lust aufs Kippeln entwickelt).

Dann können auch regionale Unterschiede relevant werden, bei der Endabrechnung eines Abendessens besteht beispielsweise die Schwäbin darauf, dass alle jetzt doch noch 8,60 in die Kasse legen sollten. So habe sie das schließlich ausgerechnet und Recht hat sie! Wo käme man denn da hin und welch ein Durcheinander, wenn jeder zahlt was er will. Die ganze Rechnung wäre kaputt. Vielleicht kommt da auch das Schwäbische: „Mir gäbet nix“ durch. 

Der leidende Beach-Boy, der zugegebenermaßen etwas aussieht wie aus Beverly Hillls 90210, hat sich verschiedene Verletzungen zugezogen. Vielleicht auch einfach ein Pechvogel? Knie kaputt, Handgelenk kaputt und die Schmerztabletten immer griffbereit. So gereicht auch der trainierte Oberkörper nicht mehr zur Freude und das ständige Leiden macht den Tonfall bei Antworten manchmal etwas hart und zischend (vielleicht unter Schmerzen  herausgepresst?). Er ist dafür grundsätzlich großzügig und gibt auch mal einen Drink aus. Der Wunsch nach Betäubung ist ihm nachvollziehbar.

Dann gibt es noch die Pärchen. Die frisch verliebten sind noch relativ entspannt, auch wenn man die Begeisterung nicht so recht nachvollziehen kann. Wie Christen nach einer Wunderheilung, sind sie sinnlos beglückt, so bleibt dem Zuschauer zumindest Belustigung und Erstaunen, oder umgekehrt.  

Die Pädagogin lobt alle und ist somit dem sozialen Klima sehr zuträglich, denn, wer kriegt nicht gerne Honig, auch in den nichtvorhandenen Bart, geschmiert.  

Dann gibt es noch die Pärchen, die sich gegenseitig als Anwälte dienen, Heinz-Herbert hätte gerne mehr seine Ruhe, Heinz-Herbert gefällt das Zimmer nicht, Botschaften an die Gruppe gerichtet bleiben etwas rätselhaft.  

Natürlich bleibt man selbst bei der Betrachtung gänzlich unfehlbar, wie könnte es auch anders sein. Und natürlich bin ich der ganzen Kompanie verpflichtet, die mir den Blick schärften und die Zunge spitzten, für solche klugen Betrachtungen. Wenn es los geht zum Strand, bricht Unruhe aus, „Ich will jetzt aber los“, „Wer hat meine Badehose gesehen?“, „Ich warte jetzt schon die ganze Zeit auf euch“. Am Ende sitzen dann aber alle friedlich in ihren Strandkörben. Hat doch gar nicht wehgetan.

Ente gut, alles gut.