Ha-Ha!


Ha-Ha!

Es ist das Ha-ha von Nelson, einem Mitschüler von Barth Simpson. In Noten klingt dieses Ha-ha zum Beispiel C – A, C-Dur, das typische Ätsch – Ha-Ha, weltweit verbreitet, Esperanto quasi. Im Moment lässt es sich in unserem Land ganz gut verwenden. Es enthält ausreichend Gehässigkeit, ist aber nicht ganz gemein, und außerdem ist ein Lachen nicht zu verbergen. Es ist eigentlich flächendeckend zu verteilen, muss man nicht zielen. Also, ein großes, allgemeines Ha-Ha fürs Alpenland einmal zu Beginn. Schauen wir uns ein paar Details an in diesem großen Ganzen, das uns in diesen Tagen staunen lässt, obwohl die Abgründe angekündigt waren.

Es gibt eine neue Clubchefin bei unseren blauen Regierungskollegen, die aber vielleicht auch nicht Clubchefin bleibt, weil was anderes winkt. Das ist in dieser Regierung schon bekannt und lässt fürchten, dass die Personaldecke neben einer überschaubar hohen Qualität, was die Ausbildungsstandards betrifft, auch eher dünn ist. Die vermeintlichen Hechte unter der türkisen Eisfläche sind als winzige Silberfischchen zu erkennen, die eigentlich gar nicht ins Wasser gehören. Wie auch immer, definiert sich die eventuelle Clubchefin als “Bollwerk gegen eine Opposition, um Störgeräusche zu absorbieren”, soviel zum Demokratieverständnis von Leuten, die im EU-Parlament gesessen sind. Das erinnert an die Diktion vom Chef mit den erweiterten Pupillen. Der sagt übrigens, auf mögliche soziale Ungerechtigkeiten angesprochen, dass es unter ihm kein sozialistisches Hartz 4 geben werde. Aha. Jetzt ist aber die SPD erstens in Deutschland und zweitens die SPÖ in der Opposition und hat mit niemandem ein Hartz 4 beschlossen. Es schimmert die Schizophrenie dann deutlicher durch als vielleicht gewollt. Der Hass auf die Regierung hat diese Leute bisher getrieben. Etwas zu produzieren scheinen sie noch nicht so gewohnt zu sein, ein Regierungsprogramm zu erstellen und umzusetzen ist keine Zahnspange. Einst, auf der Oppositionsbank, war der Hass nachvollziehbar: Ich will dort auch sitzen, gegenüber! Regieren! Und wie wir diese Regierung hassen! Und jetzt ist es soweit. Aber hört man sie nun sprechen, überfällt das Gefühl, dass sie immer noch nicht die Bank gewechselt haben. Sie hassen weiter, jetzt die Opposition, aber das sollte eigentlich niemanden mehr interessieren: Die ist, wie gesagt und offenbar nicht kapiert, nicht in Regierungsverantwortung. Ein Ha-Ha für eine unglaublich lange Leitung.

Was die ersten Ideen betrifft, die diese Regierung für den kleinen Mann hat, muss dieser sich sehr gut anschnallen. Überraschen sollte es ihn nicht, war nie ein Geheimnis, dass er keine Sau interessiert. Hier ein Mega-Ha-Ha für den kleinen Mann von der Bundesregierung. Gleichzeitig erheitert der fromme Wunsch oben erwähnter neuer Clubchefin-oder-auch-nicht in blau, die sich beschwert, dass eine Regierung doch einmal 100 Tage arbeiten dürfe, bevor sie kritisiert würde: Es ist nun einmal schon länger nicht mehr in so kurzer Zeit so konzentriert, um ein wenig in der Innenministerdiktion zu formulieren, Unsinn erzählt worden, dass es einfach unmöglich ist, das alles unkommentiert stehen zu lassen. Was darf es denn sein? 100 Tage Maulhalten? Ha-Ha.

Während also der blaue Flügel des neuen Bundesadlers noch selbigen wieder zurechtputzt, nachdem er nach kurzem Selberdenken vom Kanzler zurechtgerupft wurde, und vor allem mit sich selber und gegen die Opposition beschäftigt ist, macht sich der frisch lackierte Bundeskanzler fröhlich ans Werk, weiter daran zu arbeiten, wie man Dinge erfinden kann, die es nicht gibt und die nirgendwo stattfinden, aber trotzdem einem geblendeten Publikum erzählen kann. Der Wahlkampf hat im Großen und Ganzen daraus bestanden, eines der reichsten Länder der Welt in eine vom Ausland bedrohte Wirtschaftswüste umzudeuten, indem Ängste geschürt wurden, vor allem und jedem, vor allem vor Fremden. Hat funktioniert, marketingmäßig ist das Konzept aufgegangen. Nun wirft genau dieser der Opposition – und es fällt auf, dass diese Regierung sich sehr intensiv mit der Opposition beschäftigt, obwohl diese nicht nur noch nicht in die Gänge gekommen, sondern noch nicht einmal ins Auto eingestiegen ist, möge das bitte noch passieren – vor, Ängste zu schüren, weil sie davor warnt, weitere Arbeitskräfte aus dem Ausland zu holen. Vorweg: Unappetitlicher kann es von einer sozialdemokratischen Partei nicht formuliert werden, auch wenn ein hehrer Hintergrund möglicherweise als Ursache dient, nichtsdestotrotz: Ein Ha-Ha für maßlos schlechten Stil, für beide.

Dieser Stil ist eins zu eins in unserer ohnehin schon grauenhaften Medienlandschaft gespiegelt. Die zentrale Aussage allerorten lautet: Die SPÖ überholt diese Regierung rechts, verkehrte Welt? Weil sie gegen Lohndumping auftritt? Und sich einfach fragt, ob nicht genug Leute hier sind, die Jobs brauchen? Ein Riesen-Ha-Ha an alle Idioten, und freundlicher werden sie es von mir niemals hören, die diese Regierungsparteien gewählt haben in der Annahme, dass eine Politik gegen Ausländer oder Immigration oder Flüchtende oder Hauptsache gegen irgendjemanden sinnvoll sein könnte, jemals. Genau die, die gegen alles und jede und jeden gewettert haben, die nicht von hier sind, wollen nun, obwohl die Boote ihrer Meinung nach übervoll sind und Fachkräftemangel bis vor kurzem aber doch kein österreichisches Problem war, ausländische Fachkräfte hereinholen. Maßnahmen für Langzeitarbeitslose? So schnell haben wir nicht schauen können, und weg waren sie. Die Medien verhalten sich, als wären sie über Weihnachten und Neujahr nicht nur einem Stern gefolgt, sondern obendrein noch immer sternhagelvoll mit türkisblauem Regierungsfrizzante. Ein Ha-Ha unseren Zeitungen und unserem Rundfunk, mit wenigen Ausnahmen.

Schließlich noch ein Detail am Rande. Erbschaftssteuer? Vermögensteuer? Mietzinsobergrenzen? Mitnichten. Wenn aber jemand nicht und nicht arbeiten will, so wie für diese Regierung offenbar alle Arbeitslosen, die nun wieder grundsätzlich so genannt werden – waren das nicht Arbeitsuchende? – wird ihr und ihm zusätzlich das Ersparte gerupft. Bei einem Freibetrag von 4.200 Euro. Auf die Frage, ob bei einem ersparten Betrag von 8.000 Euro also 3.800 sofort abgezogen würden, entgegnet der zuständige Minister, oder wer immer das war, richtig erfreut über das schnelle Verstehen der Journalistin mit einem hellen “Genau!”. Ein Ha-Ha für asoziales Verhalten. Gleichzeitig fällt mir dazu ein Heiligtum der frisch lackierten Partei ein, die wohl konservativer und reaktionärer noch niemals war: Das Bankgeheimnis. Genau, niemand darf wissen, welche unglaublichen Mengen Geld sich auf verschiedensten Konten dieses Landes befinden. Soll das etwa für kleine Sparbücher nicht gelten? Gibt es hier Ausnahmen? Sonderregelungen? Darf man nun in jedes kleine Sparbuch seine Regierungsnase hineinstecken, während die großen einfach zu schwere Deckel haben, um sie aufzukriegen? Ein Narr, wer zweierlei Maß vermutet. Es fällt mir schwer, den kleinen Mann nicht mit einem Ha-Ha zu versehen, obwohl er sehenden Auges in dieses Messer gerannt ist. Mich werden diese Maßnahmen wahrscheinlich nicht so schnell treffen, wenn überhaupt. Aber grundsätzlich verbleibe ich in Solidarität mit jenen, die etwas brauchen. Das ist für diese Regierung ein Fremdwort. Das beweist ein flächendeckend geheucheltes Christentum, dass gerade nicht nur Jesus von Nazareth die Zehennägel aufrollen, sondern gar von selber die Nägel aus dem Kreuz ziehen ließe, weil sich das Holz, in dem sie stecken, angesichts der hierzulande gelebten christlichen Verlogenheit biegen würde wie ein Buchenstab für die Lehne eines Thonetsessels. Jesus würde angesichts der Lage ähnlich wie vor dem Tempel agieren oder ein paar Vierteln fürs Vergessen sich genehmigen, aber sicher nicht vom türkisblauen Frizzante.

Marie von Ebner-Eschenbach meinte: “Wer nichts weiß, muss alles glauben.” Um dieses Wissen herum ist diese Regierung zustande gekommen. Was nicht bedacht wurde: Kontoauszüge unterliegen keinen Glaubensfragen. Zahlen können spätestens darauf alle lesen, verstehen und fühlen. Das nennt sich dann Rückkopplung. Ha-Ha.

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