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Über die Haut

30.10.2014 - 01.11.2014

Über die Haut

In seinem „Ersten Manifest der Body Art“ postulierte François Pluchart 1974 den Anspruch auf die Unmittelbarkeit der eigenen körperlichen Erfahrung als politische Notwendigkeit. – Der sozialisierte individuelle Körper, in den sich Lust, Leiden, Krankheit und Tod einschreiben, muss sich auf Gruppenaktionen wie Streik, Revolution, Krieg und die Probleme der Minderheiten einstellen. Denn die herkömmliche Kunst sei nicht mehr in der Lage, darauf adequat zu reagieren.

Der durch die Body Art erzielte Bruch mit der abendländischen Repräsentationstradition war radikal. Durch den Einsatz des Körpers, und hier vor allem der Haut, als künstlerisches Material sensibilisierte er für die gesellschaftlichen Bedingungen des Blicks auf den Körper.

Anders als in den 70er Jahren wird der Körper / die Haut ab den 90er Jahren unter folgenden Prämissen zum Thema künstlerischer Praktiken. Die postmoderne Wende liess den Versuch, das Ich als Subjekt zu bewahren und ein authentisches Selbst zu artikulieren, obsolet werden. Heute, nach der Auflösung des Subjektes, gilt der Einsatz der „Körperkunst“ – vor allem der queeren künstlerischen Praxis – vielmehr der Untersuchung (und Überschreitung) von räumlichen, kulturellen und psycho-sozialen Grenzen.

Die Haut als Differenzkriterium

Das Festival wird sich einerseits mit Themen auseinandersetzen, die über den Einsatz des Körpers / der Haut als künstlerisches Material gegenwärtig im Zentrum sind, und andererseits wird es die Haut selbst zum Thema machen.

Die Haut als Idee: Kulturhistorische Betrachtungen

Als kulturelles Konstrukt folgt die Haut den Gesetzen der Repräsentation von Vorstellungen und Ideen. – Seit dem 18. Jahrhundert, als der Geschlechterdualismus, wie wir ihn bis heute „erleben“, erfunden und durchgesetzt wurde, wird die Haut als „biologisches“ Beweismittel für das Komplementaritätsdenken eingesetzt. Daraus abgeleitet werden die „natürlichen“ Bestimmungen für die Geschlechterordnung mit ihren Funktionen und Rollen in der Gesellschaft, die mit polarisierenden Regeln für die Kultivierung der Haut durch geschlechterspezifische Körpertechniken und –praktiken einhergehen.

Auch wenn glauben, im 21. Jahrhundert hätten wir uns emanzipiert von den Debatten und Ideen des 18. Jahrhunderts, so müssen wir doch feststellen, daß sie unsere Wahrnehmungen und Handlungen noch immer beeinflussen.

Haut und Macht: Fakten der Gegenwart

Körper- bzw. Hautbilder sind Mittel zur Codierung von Geschlechterdifferenzen, aber auch für soziale Polarisierungen, die viel umfassender sind.

In einer anderen Haut stecken.

Hier geht es vor allem darum, „westliche“ Normen und Normvorstellungen zu hinterfragen, uns mit Privilegien auseinanderzusetzen, die mit der Hautbeschaffenheit verknüpft sind, und davon ausgehend soziale Differenzkriterien wie Hautfarbe, Alter, Geschlecht, Gesundheit, „Schönheit“ … zu betrachten. Welche Machtverhältnisse zeigen sich woran? Und wodurch ist das Ausmaß sozialer Teilhabe und Zugehörigkeit bestimmt?


Hautveränderungen: Ideale und Fiktionen

Die Kultivierung der Haut, die wir in unserer Gesellschaft erleben kommt einem Kult des Äußeren, des Oberflächlichen gleich. Sie geht von Idealbildern der Haut / des Körpers aus, welche Anlass zu unterschiedlichen Strategien des Umgangs mit ihnen geben.

Was verrät die Haut?

Prozesse der „natürlichen“ Hautveränderung, wie das Altern, Manifestationen von Krankheiten und Verletzungen stehen Strategien von künstlichen Hautveränderungen gegenüber, die einerseits zum Ziel haben, dem Idealbild näher zu kommen und natürliche Hautveränderungen zu verdecken oder ungeschehen zu machen, und andererseits genau diese Idealbilder zu hinterfragen, indem die Haut zum Medium für gesellschaftspolitische Fragen gemacht wird.

Was lässt sich verändern, was nicht?

Details

Beginn:
30.10.2014
Ende:
01.11.2014
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