Vorboten – ein später Nachtrag


(ein Text vom Juli 2020 geht nun, aktueller geworden doch noch 2020 online …)

Von welcher Seite des Tunnels aus betrachtet erscheint welches Licht? Fragen zu beantworten ist nicht die unmittelbare Aufgabe, wie das schon John Cage deutlich feststellte. Im Rahmen der Scalalogie einer Stadt und ihrer Aufstiegshilfen hat man dennoch das Gefühl gerade hier am Boden zu sein, vor dem Schriftzug nachsinnend: „Betreten der Baustelle verboten. Eltern haften für ihre Kinder.“ Wobei die Haftung für selbstinszenierte Baugruben des gerade inszenierten werbeästhetischen Plakatierungszwanges um Verbots-un-kultur juristisch nicht gelöst werden will; – höchstens die künstlerische Inszenierung schafft mit WutbürgerInnenabsicht ihre einengenste Schadenersatzzone, die jedoch wiederum eine erweiterte potenzierte Anklagekultur beinhaltet.

Sich mit dem grundsätzlichen Verbotsgesetz auseinanderzusetzen würde mehr Sinn unternehmen, als eine Totalverbotskultur heraufzubeschwören, – dies mit derselben Fragestellung, dort wo gerade von einem Speiselokal aus betrachtet „Essen verboten“ Aufstellung genommen hat, auch gleich Allkulinarisches zu verbieten? „Stadt der Verbote“ – Graz, ein betiteltes Verbotsfeld hat wahrlich andere Sorgen als sich in die Verbotsreihe, welcher Botenstoffe auch immer, einzureihen.

Legistisch betrachtet sehe ich keine Chance auf eine parlamentarische Behandlung der Vorschläge, zumal ja die verfassungsrechtliche Prüfung der Verbotsvorschlagsreihe im Vorfeld der Baustelle nicht standhalten kann.
Legistisch betrachtet setzt immer ein Vorbote die Initialzündung für ein Gebot oder Verbot. „Jede Strophe eine Katstrophe“ hat schon Peter Weibel seine LP „Schwarze Energie“ unterbetitelt und eine selbstauserwählte Katastrophengeilheit als thermisches Prozedere erfreut sich auch gleichzeitig am „Trinken verboten“, an einem Minimalakt, der gerade mit dem öffentlichen Grazraum aufzuräumen – versucht.

Man will keine Bildungsoffensive einfordern oder der künstlerischen Freiheit einen Rahmen setzen, der am Ende des Tunnels einen entgegenkommendes Lichtstrahl vermuten lässt, eine treffende Erkenntnis als eventuelle Möglichkeitsform. Aber in den einzelnen Fallgruben der aufgestellten Baugruben bleibt es auffallend – tief geschürft – dunkel; von einer lösungsorientierten Möglichkeitsform, die der Kunst zusteht, ganz zu Schweigen. Fragen bleiben offen. In diesen Baugruben findet eine seltsam-systemische Durchmischung statt, die ihr „Feindbild“ längst ausgemacht hat. Einen Exekutivbeamten ohne legistische Befugnis in die Baugrube zu stossen, und eigenverordnet die Vorverurteilung in Gedanken vorzunehmen. Diese schwer nachvollziehbare Wertung, die einer erträglichen Verwertung widerspricht, wie dem Zeitgeist der Eigenverantwortung ebenso.

Die Angst verbieten würde ja Sinn stiften, wenn nicht im selben Moment „Alles wird gut“ propagiert wird, und schon stolpert man fragetechnisch – vielleicht angstlos geworden? – weiter. Die Gruben der Schuldhaftigkeit und der schuldhaft Verhafteten haben die „Anwälte der Kunst“ unterschiedlich tief gegraben, so als würden das Kollektiv sich stufenweise abwärts bewegen, hinein in eine Richtung ohne Vorboten, hinein in die Totalitärverbotszone, hereingefallen auf einen Zwei-Drei-Vierzeiler, einer Textur, die kein Verfassungsgerichthof wird aufheben können, dem grundlegenden Mangel verhaftet, eine Empfehlung für eine bereichernde Zukunft abgeben zu können, wie etwa: „Dummheit Vorboten“. Diese Vorbotenschaftigkeit kann ebenso künstlerische Anverhaftetheiten oder Mimositäten mitsamt ihrer lesbaren Hilflosigkeit an Betroffenheit blitzartig treffen, und dem stummen Schrei nach Härtefondsklausuliergungen im Baustellenberich offen lassen, wie diese dunkelverhafteten Baugrubenkrater an sich.

Ob ein Härtefonds überhaupt eine Entlastung bringen vermag, kann über den Moment hinüber, längerfristig betrachtet, bezweifelt werden, gewisse Verantwortungslosigkeiten – auch der Kunst gegenüber – bleiben plakativ genug aufrecht, richtungsweisend, da sichtbar genug, scalalogisch betrachtet, die Treppe hier gerade abwärts verläuft. Als Aufstiegshilfe würde man wahre Vorboten und nicht bloss VerbotenschaftlerInnen bedürfen, die sich aus den Verbotsszonen heraus, strittig genug, die Felder streitig machen. „Kunst töten verboten“ ist und war verboten. „Töten verboten,“ ist längst verankert. Die Legalität diesbezüglich wäre an sich freiheitsliebend genug durchsetzbar und ermordet werden bräuchte Niemand mehr.

(BAN BANG the illegality of public space / graz by k. ada / July 2020)

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