Die Sonne scheint, die Hitze hat uns wieder. Es stand das übliche Programm vor der Tür, dem Sommer sein Sommerloch zu gönnen und wie jedes Jahr zu erleben, was alles nicht zusammenbricht, wenn alles ruhig ist und die politische Arbeit ruht. Da haben sie uns aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ein Sommer vor zwei Jahren hat uns im heurigen Frühling zwei Narren gezeigt, die lediglich bestätigen, was hinter den Kulissen ihrer politischen Partei so alles möglich ist, soweit alles ganz normal. Natürlich mit der Verwunderung, wie blöd jemand sein kann, um so etwas zustande kommen zu lassen.
Die Sommerlochruhe wird nun also gestört, obwohl vor allem von der messianischen Befreiungsfront beteuert und versprochen wird, lediglich im September Wahl zu kämpfen. Versprochen wird überhaupt gerne und viel, so zum Beispiel ganz aktuell, dass diesmal die Wahlkampfbudgetobergrenzen eingehalten werden. Man ist stolz darauf, dass Gesetze eingehalten werden, was in diesen Tagen als Leistung angesehen wird. Die Schwerpunkte für den Wahlkampf wurden auch genannt, und, Überraschung, es geht in einem Punkt um das Österreichische, das es zu “verteidigen” gilt, der Begriff “Aufklärung” fiel auch, weil sich auch ein Messias, dem gemeinerweise das Vertrauen abgesprochen worden ist, fürchten kann vor dem fremden Mann. Es braucht also keinen ehemaligen Regierungsteilnehmer mit rechtsextremer Grundhaltung und zwei saufenden Menschenaffen, die Österreich hervorragend in einem siebenstündigen Urlaubsvideo vertreten und repräsentiert haben, um einen Ausländerwahlkampf zu führen, das kann die Altkanzlerpartei selber mindestens so gut.
Die Trümmer, die durch die Luft geflogen sind nach der Filmpremiere am 17. Mai des Jahres, liegen herum und werden sukzessive aufgeräumt. Fast könnte von Trümmerfrauen gesprochen werden, die alles aufräumen müssen, nachdem der Messias gemeinsam mit dem inzwischen beängstigend breiten Narrensaum der Nation eineinhalb Jahre Liebe und Zuneigung zueinander inszeniert hat, die ach so brutal und überraschend mit den berühmten und tiefgründigen Worten “Genug ist genug” schmerzhaft beendet werden hat müssen. Dafür hat der Messias allerdings fast einen ganzen Tag seine Jünger nachdenken lassen müssen. Der Bundespräsident wird nun sehr geschätzt, weil er einfach tut, was zu tun ist. Bis zuletzt wurden große Zweifel an ihm gehegt, da er als ehemaliger grüner Parteichef und Ökonom ein Herz für die Umwelt hat, freihändig denken und sinnvolle Sätze ohne Beratung formulieren kann und in keinen Fall von Korruption verwickelt ist, so etwas macht Menschen in Österreich verdächtig. Eingesetzt hat er eine Juristin, die in Windeseile eine Regierung zusammengestellt hat. Was alles diese machen wird, wird man sehen, jedenfalls ist es nicht unangenehm, wenn nicht permanent in die Mikrofone gelabert wird, wie gut und richtig alles ist, was ein Arbeitstag gebracht hat, sondern Dinge ohne viele Kommentare erledigt werden. Wer arbeitet, muss nicht ständig davon erzählen. Frauen räumen also auf, was Narren angerichtet haben. Des einen Obernarren Frau räumt auch auf. Nachdem dieser selbst einen ganzen Monat gebraucht hat, um unter leisem, aber unüberhörbarem Trommelwirbel zu verkünden, sich doch nicht von jener EU, die er im Grunde scheut wie der Teufel das Weihwasser, die nächsten Jahre durchfüttern zu lassen, wurde seiner Frau zum Glück ein narrensicherer Listenplatz zugesichert, der zuversichtlich in die Zukunft blicken lässt. Ein Schelm, wer und so weiter.
Während also hier und dort zusammengeräumt wird, werden flink die ersten Plakate aufgekleistert. Es wird stimmiger, der Blick des Altkanzlerwunders neigt sich in die Heimat, nach Hause, er blickt von sich aus nach rechts mit den Worten, dass der Weg erst begonnen hätte. Was so nicht stimmt, vor eineinhalb Jahren hat der Weg zurück in die Vergangenheit angefangen, nun wird die Fortsetzung angestrebt, mit wem, wird uns ein weiteres Mal nicht überraschen. Er ist neulich gesegnet worden, also passt alles. Eine ganze Stadthalle hat für ihn gebetet, das ist doch schön, es müssen Taten gesetzt werden, um die österreichische kulturelle Prägung, die er als christlich und jüdisch neuerdings definiert, vor der dritten, abrahamitischen Religion zu schützen.
Neugierig schauen wir außerdem auf die Reisegesellschaft, mit welcher jener erst begonnene Weg beschritten wird. Der Erlöser sprach vor einiger Zeit von einem Generationswechsel, der anstünde. Die EU-Wahlen haben gezeigt, wer in das Nachfolgemodell des Geilomobils vor allem einsteigt: Die stärkste Fraktion sind Senioren, die zweitstärkste die 30 bis 60jährigen. Von den ganz jungen, die eigentlich einen Generationswechsel verkörpern könnten, interessieren sich gerade 16 Prozent für das, was hier fabriziert wird. Ein Generationswechsel sieht anders aus. Aber das haben wir wahrscheinlich falsch verstanden, es stimmt schon alles, der Weg in die Vergangenheit wird am besten mit Leuten mit einschlägiger Erfahrung gemacht, die sind entweder älter oder halten Traditionen aufrecht, die in der Partei seines Koalitionspartners treulich gepflegt werden. Auch wenn es dem Altkanzler laut eigenem Geständnis oft Bauchschmerzen verursacht haben soll, genug war es nie, genügt hat lediglich eine siebenstündige Bereitschaftserklärung zu korrupten Schweinereien. Rechtsextreme und rechtsradikale Einzelfälle im dunkelzifferfreien dreistelligen Bereich befanden sich innerhalb des Verfassungsbogens, und als Copilot Richtung illiberale Gesellschaft ist ein waschechter Teutone nie fehl am Platz.
Kommentatoren über das ganze Land erzählen uns, dass ein schmutziger Wahlkampf auf uns zukommen wird. Da wären wir selbst nie draufgekommen. Ganz ehrlich, was sonst sollte kommen nach den Erfahrungen und Eindrücken der letzten 18 Monate und als Bonus des letzten Monats, in dem der Altkanzler innerhalb von kurzer Zeit ein zweites vorzeitiges Regierungsende zu verantworten hat? Das werden wir ihm bestimmt nicht vergessen, sollte er das ernsthaft annehmen, und wird es thematisiert, wird er es wie so vieles mit dem Begriff “absurd” abtun, und wir werden ein weiteres Mal mit den Schultern zucken und uns fragen, wie verzerrt Wahrnehmungen sein können. Er selbst spannt die Dreckschleuder pünktlich zu Fronleichnam ein mit der Eröffnung eines Ausländerwahlkampfs, der mit der Kluppe auf der Nase als Heimatgefühl verkleidet wird. Der Mann, der im Innenministerium das Image des Landes weltweit auf Tiefseeniveau gesenkt hat, ist bekannt für seine feine Klinge, und der ist sauer und beleidigt. Genau, Simmering gegen Kapfenberg.
Eine der größten Kuriositäten hat die türkise Heilsbewegung aber quasi auf das Heilandsplakat gleich draufgeschrieben: Rot-Blau hat bestimmt. Sie hat den Vorwurf an zwei Parteien gemacht, gemeinsame Sache zu machen. Mit einer davon, die gerade ihre staatstragenden Fähigkeiten zum wiederholten Male eindrucksvoll bewiesen hat, hat die ÖVP bereits dreimal koaliert. Mit der anderen über Jahrzehnte. Dabei waren sie aber nie. Diese merkwürdige Nachricht, die uns da plakatiert wird, führt zu einer weiteren Kuriosität, nämlich zum türkisen Vorwurf an alle anderen, die Nation zu spalten. Das ist leicht begründbar, es fußt auf einem nicht ausgereiften Verständnis von Demokratie dieser merkwürdigen Jugendbewegung vor klerikal-konservativem Hintergrund. Jugend ist keine ausreichende Ausrede dafür, Demokratie muss man verstanden haben. Zu Zeiten funktionierender Sozialpartnerschaften gab es ebenso unterschiedliche Standpunkte, es wurde gestritten, es wurden Kompromisse gefunden. Politische Gegner konnten respektiert werden, weil sie selbst respektiert haben. Das ist vorbei. Und dass für Unglaublichkeiten, wie sie die FPÖ am laufenden Band serviert, bei einem Teil der Bevölkerung unbeirrbar weder Respekt noch Akzeptanz erwartet werden können, muss die türkise Jugendbewegung irgendwann akzeptieren und sich selbst bei der Nase nehmen und einmal darüber nachdenken, wie weit die eigene Involvierung in all die Unappetitlichkeiten reicht: Ein bisschen schwanger gibt es nicht.
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