Dass sich Bezirke ins Kino aufmachen ist ein unmittelbar richtungsweisender Wink in Richtung Kinokultur und Programmkino. Dass Jakomini mit dem KIZ zur Diagonale 2022 die Premiere für Im Jakotop übernimmt, scheint logisch schlüssig. Wie schon die Mopedfrau über das Rechbauerkino die Viertelbewohner ins Kino brachte, so wird auch Im Jakotop die Jakominibewohnerinnen ins Kino bringen. Kino wird somit ein Ort der sozialen Begegnungskultur über das Festival Diagonale hinaus. Das ist mehr als notwendig und schafft neue thematische regionale Zugänge als TV-Beiträge. Die grosse Leinwand als Biotop – als Grazer Chance thematisch und soziologisch tiefgreifender filmisch zu arbeiten. Da ergeben sich über Kinofilmkultur und Fördermodelle weitreichende Möglichkeiten in Zukunft Markus Mörths Im Jakotop nachzueifern, um gerade solch filmische Langzeitstudien zu ermöglichen und der Vielzahl an urbanen Verflechtungen ein intim-filmisches Eigenleben zuzugestehen. Menschlich betrachtet sind es auch die Menschen des Bezriks, welche den Bezirk gestaltend ausmachen und diese geben Jakomini sein film-spezifisches Bild. Das geht über die übliche Erzählweise und Grätzelgeschichten hinaus, hebt förmlich ab, wie der Blick von Oben zeigt. Markus Mörth hat eine Vielzahl an visuellen Einblicken geschaffen, die nachhaltig das Bild von Jakomini verändern werden, wie auch den Ruf. Wenn die Unterwasserkamera die Badenden förmlich berührt, die Mur in einer Gegenbewegung filmische Realität gewinnt, wenn sich architetkonisch-geometrische Gegebenheiten in Flugaufnahmen zu einem völlig neuen Gesamtbild arangieren, so ist dieser Film als Kunstwerk zu betrachten und eine Herausforderung für das Heimat-Filmemachen. 3 Jahre Arbeit mit einer Vielzahl an Cornarückschlägen zeigt, wie sich die filmische Arbeit von Markus Mörth und dem Bezirksrat Klaus Strobl zu einem Gesamten verdichtet hat, die mich als ebenso Grazer beschenkte – nämlich den Bezirk völlig neu zu entdecken und Menschen zu finden, die den lebendigen Beweis für eine lebendige Auseinandersetzung und Stadtentwicklung liefern. Ein Kaleidoskop der Vielzahl um die 30000 Einwohnerinnen zu entdecken, die sich filmisch gut zueinander fügen. Im Jakotop ist es wahrlich gelungen, die Grenzen des Bezirkes im Innen zu erfassen und mich als neugierigen Menschen und Regisseur auf eine Reise zu schicken, die ich, trotz vieler Fussmärsche, so niemals machen könnte. Das zeichnet den Film aus, das lenkt die Schritte des Betrachters und der Bewohner von Graz. Die Grazerinnen werden sich auf diese Reise machen, um vielleicht 2 Stunden im Tröpferlbad zu baden, über das Sprungbrett zu laufen, mit dem Hubschrauber abzuheben oder die Mur zu befahren. Jakomini inspiriert und Im Jakotop schenkt Graz Geschichten, die im soziologischen wie im historischen Sinn breit aufgestellt sind und dem Flimschaffen in Graz – ich durfte mal das Annenviertel verfilmen – neuen Auftrieb und Lust auf mehr zu geben. Der pilothafte Motivationsschub in diese Richtung ist Markus Mörth gelungen und schafft neue filmische Bezugsachsen in eine Richtung, die in Zukunft mehr filmisches Schaffen in diese Richtung erwarten lassen. Inzwischen darf man der Doku Jakotop ein breit-gefächertes Publikum wünschen, welches auf die Jakotopia-Reise geht.
JAKOTOP, ab 11.04.2022 im KIZ Programm.