CineART – eine ArtFILMkunst?
Über die Jahre. Zunächst wollte ich in alter Tradition ein Musikvideo einreichen. Hatte ich das zuvor mit einer persischen Künstlerin gemacht und ist daraus ein kleingefördertes Musikvideo mit unheimlich viel Engagement entstanden, so war das plötzlich nicht mehr möglich. Diesmal fragte ein heimischer Musiker in meinem Namen nach und es wurde ihm ganz “offiziell” mündlich mitgeteilt, dass weder Musikvideos noch Musikdokus unter die Gattung Kunstfilm fallen würden und somit nicht förderungsfähig wären. Punkt. Diese absolute Aussage stand plötzlich im Widerspruch zur vorangegangenen Fördergebarung der Filmkunst wie auch zur Fördergebarung der Graz-Kultur. Der Grazer Musiker, der mittlerweile 2 Alben auf dem Markt gebracht hat, lebt heute in Wien.
Eine in Wien lebende Cutterin hatte Videomaterial eines in Graz arbeitenden, sehr namhaften Künstlers zur Kleinförderung eingereicht. Sie wollte die Postproduktion des bestehenden Videomaterials finanzieren und bekam nach der Antragstellung einen Anruf der Filmkunst, in dem sie darauf hingewiesen wurde, dass sie als Geburts-Gailtalerin und nun in Wien lebend keinen Förderantrag bei der Filmkunst stellen könne. Der namhafte portraitierte Künstler oder der Kameramann seien bei der Filmkunst weit bekannter als die junge ambitionierte Cutterin – und sollten doch diese Herren selbst zur Postproduktion einreichen. Das wäre dann kein Problem. Die junge Cutterin war etwas verschreckt ob der telefonischen Absage und verwundert zugleich, zumal ihr Geburtsort, der Luftlinie vom Geburtsort eines ehemaligen Forum-Stadtpark-Indentanten gar nicht so weit entfernt … in Kärnten liegt und sie den Eindruck nicht loswerden konnte, die steirische Filmkunst wolle für alle Zukunft keine in Wien lebenden KärntnerInnen fördern. Sie hat daraufhin auch nie wieder eingereicht.
Auf meine persönliche Frage bei einer Podiumsdiskussion im Forum Stadtpark wurde mir mitgeteilt, dass es kein Budget mehr gebe; dass es Vorgriffe gegeben habe und dass eine Einreichung zum Herbsttermin nicht zielführend sei. Ich fragte nach, was “Vorgriffe” bedeuten würde und mir wurde mitgeteilt, dass aus dem nächsten Jahr bereits jetzt auf das Budget dieses Jahres vorgegriffen wurde und somit kein Förderbudget mehr vorhanden sei. Damit war meine angestrebte Einreichung blockiert. Das geschah im darauffolgenden Jahr wieder. Die mündliche Aussage ging wieder in diese Richtung, nicht einzureichen, zumal das Jahresbudget aufgebraucht sei – es war erst Spätsommer. Zuvor bekam ich noch die Rute ins Fenster gestellt, keine Kleinföderungen mehr zu beantragen, zumal die Kleinföderungen sowieso bald eingestellt werden würden. Auch diese Aussage war wenig motivierend. In einer Produktion wurde dann eine Co-Finanzierung über die Cine-Kommerz und die Cine-Art vorangetrieben und trotz ORF-Zusage die Förderzusage erst nach extrem langer Wartezeit ausbezahlt, was das ganze Projekt indirekt nicht unbedingt förderte. Ob diese Doku-Produktion überhaupt “Kunstfilmcharakter” hatte, bleibt dahingestellt – ; sie wäre für den ORF gelaufen, dem dann gerade die künstlerische Ausprägung, man sprach von “intellektuellem Anspruch”, zu weit ging. Es wurde auf den Kunstsender ARTE verwiesen, was mich als Regisseur bestätigte. Wo fängt der Kunstfilm an? Und wie kann, darf und sollte die Kunstfilm mit dem Kommerzfilm gemeinsam finanzieren? Die nächste Kunstdoku wurde aus budgetären Gründen – wieder war es der letzte Einreichtermin des Jahres – und mit dem Hinweis abgelehnt, dass kein namhafter Produzent im Antrag geführt sei und dass es keine Födermittel mehr gebe. Es ging um ein rein künstlerisches Projekt im Rahmen einer Kleinföderung. Der Kunstfilm wurde schliesslich von der Graz-Kultur und der GKP doch noch ermöglicht. Man hatte den Eindruck, dass das Thema Migration die Filmkunst nicht überzeugen wollte, wer auch immer die interne Entscheidung getroffen haben mag? Zumal ja Kleinförderanträge nicht in den Jury-Beirat müssen. Und doch kam mein letztes Filmprojekt, dann im Klein-Förderausmaß, direkt über den Beirat zur Förderung. Die nächste Einreichung betraf ein Künstlerportrait mit internationaler Dimension. Diese Einreichung zur Drehbuchförderung wurde taktisch zum Jahresanfang gestellt, zumal ja die Budgetknappheit zu Jahresende mittlerweile berechtigte Ängste heraufbeschwörte. Diemal kam die Absage auch prompt, mit dem Hinweis, dass eine namhafte Filmproduktion fehle; ganz konkret wurde die EPO-Film vorgeschlagen, die in diesem Kunstfilmbereich jedoch seltenst bis nie Drehbücher direkt fördert, die auch solche Filme ohne TV-Beteiligung nicht produzieren würde. Über persönliche Nachfrage wurde mir mitgeteilt, dass man Drehbücher nicht so gerne fördert, weil man keine konkrete Verfilmungs- und Verwertungsabsicht im Vorfeld erkennen könne. Aber gerade die Drehbuchförderung sollte doch die Recherche und Basis eines verfilmbaren Drehbuchs liefern – das wäre doch die Aufgabe, die Grundlage zum Film – also Autorinnen – im Vorfeld zu unterstützen und zu vermitteln. Als ehemaliges Carl-Mayer-Jury-Mitglied und ORF-Jury-Mitglied in Sachen Drehbuch kommt mir diese Haltung in dieser Argumentation mehr als rückständig vor, zumal ich auch schon Drehbuchförderungen von der Filmkunst erhalten hatte. Zwischenzeitig sind 2 Jahre vergangen und über Eigeninitiative wurde ein Produzent ausfindig gemacht, der jedoch zu Jahresende nicht einreichen möchte – zumal angeblich wieder einmal keine Geldmittel im entsprechenden Ausmaß mehr vorhanden wären, wie er mir mitteilte. Über persönliche Nachfrage wurde mir jedoch aus der Abteilung der Filmkunst ein dem Einreichtermin entsprechendes Budget bestätigt. Die Einreichung wurde jedoch aus berechtigten Ängsten von Produzentenseite nicht vorgenommen. Dennoch habe ich mir erlaubt zwei Einreichungen vorzubereiten und sehe einer hoffentlich positiven Entscheidung diesmal mehr als hoffnungsvoll entgegen. Die Hoffnung stirbt ja zuletzt. Inzwischen blättere ich in dem Klassiker von Amos Vogel “Film als subversive Kunst” und überlege im küntlerischen Sinne einen Dokumentarfilm über die Filmkunst nächstes Jahr im Herbst einzureichen, gestaffelt natürlich, zuerst das Drehbuch, wo alle Förderbetroffenen, ihrem Medium gerecht, die Worte vor der Kamera finden können. Die einzigartige Filmkunst würde gerade dadurch noch weiter in den Aufmerksamkeitsfokus rücken. Ob das politisch beabsichtigt ist, kann man im Vorfeld nur vermuten? Ob in Zukunft Dokumentarfilme unter den Filmkunstbegriff fallen, bleibt offen. Den ewigen Zweiflern darf auch der ausgepreiste Heimatfilm, bester österreichischer Dokumentarfilm, “Was uns bindet” von Ivette Löcker als Weihnachtszuckerl empfohlen werden. Wir Filmemacher sind an die Filmkunst gebunden, wie umgekehrt. Mein erstgeförderter Film war übrigens auch ein vom BMUK geförderter Dokumentarfilm; der erste vom ÖFI überhaupt geförderte Film “On the road to Hollywood” war ebenso ein Dokumentarfilm.
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