Das Murinsellicht hat genügend GrazerInnen auf die Insel gebracht. In Farbe erstrahlt die Metallmuschel anders als im Tageslicht. Die Insel ist zwischenzeitiger Hotspot für die verschiedensten Veranstaltungen geworden: Sommerkino, Storytelling-Festival und hochkarätige Konzerte. Erst unlängst spielte Georg Altziebler mit seiner Band Son of the Velvet Rat auf der Insel. Die Brücke nach Amerika war gelegt, sie hatte nun weiteren Bestand nach Vito Acconcis Tod. Als ich unlängst ein Gedicht der US-Autorin Bernadette Mayer las, wurde mir der Designbegriff deutlicher – „thats design.“ Die Acconci-Freundin brachte etwas Licht ins Dunkel, vor allem brachte sie Sprache ins Zentrum, vom Hudson zur Mur. Ein futuristisches Unterwassercafé, das auch für Lyon zu abgehoben erschien, bildet nun ein eigenständiges Innenleben. Es muss ja nicht immer ein Event sein, es darf auch ein „Open Office“ sein, wie es erst unlängst beim Lendwirbel aufblitzte – eine einzigartige Veranstaltungsreihe, die die 80-Grazstadt 10-20 verbunden hat. Poesie, DJ-Lines, Konzerte und eine randvolle Tribüne, die dem Auge gut getan hat. Diese Umstände um eine Insel schaffen ein neues Inselbewusstsein und bringen auch einen anderen Inselgehalt in die Murmitte. Texte von Emma Lazarus (Liberty Island) oder die Four Freedoms (Roosevelt-Island), klassische New Yorker Inseltexte, die sich da in meine letzte filmische Arbeit „An einem Sonntag“ hineinübersetzen. An einem Sonntag nämlich, Februar 2004, hatten die GrazerInnen das erste Mal die Insel betreten. Das ist 14 Jahre her. Das grobkörnige Videomaterial hatte zwischenzeitig eine feinstaubige Patina angelegt und zieht wie ein Stück Zeitgeschichte sieben Minuten lang in elegischen, unscharfen Schwarz-Weiß-Bildern vorüber. Die Freiheitsstatue haucht ihren Text herüber. Stimmen liegen über den Wellen und dem Inselgeflecht. Mein Stimme – ihre Stimmen. Gedanken, die aus Marcel Fotters Feder kamen, die aus Wenders-Handkes Engelsohren herausgelöst von Brücke zu Brücke wandern. Stimmengewirr der sich überlagernden Gedanken. Fragen, die für Menschen unhörbar geblieben sind. Nun sind sie erhört und hoffentlich auch verstanden. Das Freiheitssymbol dieser der Stadt vorgelagerten Insel soll den vier Freiheiten – Vorboten der Menschenrechte – gerecht werden. Freiheiten, die in einem eigenständigen Monument aufscheinen und hier hoffentlich gelebt werden. Freiheiten, die neben der Freikörperkultur den Inbegriff von Leben und auch von Kunst ausmachen. Freiheiten, die über Sonntage und Events hinausgehen und zeitlos filmgleich ablaufen. Es steht der Grazstadt frei, diese Freiheiten zu behaupten und auch zu manifestieren. Kunst ist dabei eine nicht unbedeutende Brücke von Ufer zu Ufer, von Mensch zu Mensch, von einem zum anderen. Dabei überbrücken sich sogar Kontinente und es spiegeln sich dieselben Strahlen im Fluss der Zeitlosigkeit. Hauptsache er fließt. Stillstand wäre fatal, weil ja eine „müde Suppe“ nicht sonderlich anregend auf eine neue Generation wirken wird. Die vier Freiheiten wurden 1941 vom amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt als für alle Zukunft notwendig erachtet und dürfen wenigstens hier nachgelesen werden. Und die können sich die GrazerInnen auf der Zunge zergehen lassen.
In künftigen Tagen, um deren Sicherheit wir uns bemühen, sehen wir freudig einer Welt entgegen, die gegründet ist auf vier wesentlichen Freiheiten des Menschen.
- Die erste dieser Freiheiten ist die der Rede und des Ausdrucks – überall auf der Welt.
- Die zweite dieser Freiheiten ist die jeder Person, Gott auf ihre Weise zu verehren – überall auf der Welt.
- Die dritte dieser Freiheiten ist die Freiheit von Not. Das bedeutet, weltweit gesehen, wirtschaftliche Verständigung, die jeder Nation gesunde Friedensverhältnisse für ihre Einwohner gewährt – überall auf der Welt.
- Die vierte Freiheit aber ist die von Furcht. Das bedeutet, weltweit gesehen, eine globale Abrüstung, so gründlich und so lange durchgeführt, bis kein Staat mehr in der Lage ist, seinen Nachbarn mit Waffengewalt anzugreifen – überall auf der Welt.
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