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Rosa L: Das Un(ter)bewusste von Graz – “um das Verbrechen der Unachtsamkeit und Kälte zu vermeiden”

02.11.2019 @ 12:00 - 15:00

Friedrich Engels sagte einmal: die bürgerliche Gesellschaft steht vor einem Dilemma: entweder Übergang zum Sozialismus oder Rückfall in die Barbarei. Was bedeutet ein „Rückfall in die Barbarei“ auf unserer Höhe der europäischen Zivilisation? Wir haben wohl alle die Worte bis jetzt gedankenlos gelesen und wiederholt, ohne ihren furchtbaren Ernst zu ahnen. Ein Blick um uns in diesem Augenblick zeigt, was ein Rückfall der bürgerlichen Gesellschaft in die Barbarei bedeutet.  – Rosa Luxemburg,  Die Krise der Sozialdemokratie, 1915

Manches Alte ist gewiß noch im Boden der Stadt oder unter ihren modernen Bauwerken begraben. Dies ist die Art der Erhaltung der Vergangenen, die uns an historischen Stätten wie Rom entgegentritt. (…) Nun machen wir die phantastische Annahme, Rom sei nicht eine menschliche Wohnstätte, sondern ein psychisches Wesen von ähnlich langer und reichhaltiger Vergangenheit, in dem also nichts, was einmal zustande gekommen war, untergegangen ist, in dem neben der letzten Entwicklungsphase auch alle früheren noch fortbestehen. – (Sigmund Freud, Das Unbehagen in der Kultur, 1930)

Graz präsentierte sich seit jeher als konservative Stadt. Doch so wie Freud behauptete, dass „im Seelenleben nichts, was einmal gebildet wurde, untergehen kann, daß alles irgendwie erhalten bleibt und unter geeigneten Umständen, (…) wieder zum Vorschein gebracht werden kann.“, verhält es sich auch mit den progressiven Aspekten der Stadtgeschichte. Wir müssen diesen Ereignissen nur Sichtbarkeit verleihen, durch unsere Körper, durch unsere Gedanken und durch unsere Aufmerksamkeit. Der historisch-konservative Charakter der Stadt Graz, der ihre gewisse Gemütlichkeit hervorbringt, war nur möglich durch die „barbarische“ Unterdrückung lokaler progressiver Bewegungen und Ideen, die in der Geschichte der Stadt genauso aufloderten. Auch wenn Freud dachte, „derselbe Raum verträgt nicht zweierlei Ausfüllung“, werden wir uns in einem Gedankenspiel verlieren und uns auf die Suche nach den Traumata und Bruchlinien der Stadt Graz begeben. Um die Erinnerung an die progressiven Kräfte in der Stadt zu stärken und um ihre Kämpfe zu würdigen, werden wir jene Orte besuchen, die in Vergessenheit geraten sind, die verfallen sind und die aus der offiziellen Geschichte der Stadt Graz verschwunden sind. Die Frage der Erinnerung ist auch immer eine Frage der Interpretation und der Perspektive. Wir werden auf die Worte der marxistischen Theoretikerin, Antikriegsaktivistin und Revolutionärin Rosa Luxemburgs zurückgreifen, um die vergangenen und aktuellen Kämpfe in Graz in den Kontext des dauerhaften Widerstands gegen kapitalistische Dominanz und Patriarchat zu setzen. Die gleiche Unterdrückung wie die progressiven Widerstände in Graz erfuhren auch Rosa Luxemburgs Schriften, als sie vor 100 Jahren brutal ermordet wurde. Doch beides war, ist und wird sein.

Freud hätte unser Vorhaben, den Grazer Stadtraum mit mehrfacher Bedeutung zu füllen, als unvorstellbar, ja als Absurdum empfunden, doch wir halten uns an den Leitspruch, mit dem Rosa viele ihrer Briefe beendet hatte: „So ist das Leben und so muß man es nehmen, tapfer, unverzagt und lächelnd – trotz alledem.“ In diesem Sinne, walk with us!

Stadtspaziergang mit: FemiDuet (Markus Gönitzer & Lidija Krienzer-Radojevic)
Treffpunkt: 12:00, Südtirolerplatz 11, bei der Gedenktafel „Kirschenrummel“ 

  • Bildrechte/copyright Ⓒ: Ankica Cakardic

Details

Datum:
02.11.2019
Zeit:
12:00 - 15:00
Veranstaltungskategorien:
,
Veranstaltung-Tags:
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Webseite:
https://kulturingraz.mur.at/events/

Veranstaltungsort

Grazer Innenstadt
Südtirolerplatz 11

Veranstalter

Kultur in Graz
Telefon:
+43 316 720267
E-Mail:
office@kig.mur.at
Webseite:
kulturingraz.mur.at
  • Bildrechte/copyright Ⓒ: Ankica Cakardic