20 Jahre Filmprofile – KiG!


KiG! wird über 20 Jahre alt. Über diesen erweiterten Zeitrahmen hat sich über die Veranstaltungen selbst hinaus Video- und Tonarchivmaterial angesammelt. Digitalisierte Datenmengen, die auf alten Rechnern, Festplatten, Sticks, Bändern … abwarten, aufgearbeitet zu werden. Diese verborgenen Archive lauern überall, eine Digitalverstopfung, eine zunehmende Digitalflutung.

Vor einem Jahr entstand aufgrund meiner Archivfilmerfahrung mit Butho und Tanzmaterialien die Idee, 20 Jahre KiG! Archiv film-videotechnisch aufzuarbeiten. Aufgrund der Zeitrahmen, Datenmengen und Finanzierung wurde dieses Projekt in chronologische Zeitkapitel aufgeteilt und 6 RegisseurInnen zugeordnet. Diese arbeiteten eigenständige Schnittfolgen des Materials heraus, mit maximaler Länge von jeweils 10 Minuten. Das ergibt also eine Filmlänge an die 60 Minuten. So entstanden 6 Schnittprofile, die auch gesondert über Screenings ausgestellt werden können und in ihrer Gesamtheit einen Art-Film von an die 70 Minuten ergeben. Die Stimme von Anita Hofer leitet die einzelnen Abschnitte ein und schafft so auch Übergänge und Themenblöcke zum Film und aller beteiligten KünstlerInnen. Ein Konvolut an Namen. Für die verbindende Dramaturgie und den übergeordneten Filmschnitt konnte Masoud Razavy Pour gewonnen werden, der in seinem digitalen Studio den Filmmaterialien Profil und Rhythmus gibt.

Allein die Vielfalt an KünstlerInnen, die mit KiG! zusammenarbeiteten, ergibt ein eigenständiges Rahmenprofil, einen entsprechenden Prolog, der mit Anita Hofers einzigartiger Stimme dem Film über die Kapitel ein personifiziertes Profil gibt, einen thematischen Rahmen, der einem roten Faden folgt, ohne die Person ins Zentrum zu rücken. Vielmehr rücken Thematiken, Werk, Philosophie und Kulturschaffe in den Vordergrund. Das war auch für 20 Jahre KiG! repräsentativ – ein künstlerisches Gesamtprofil für und über Graz hinaus zu erzeugen und entsprechende Anlaufstelle für viele Kultur- und Kunstschaffende zu sein. KiG! ist ein Wald voller Bäume, könnte man poetisch sagen, eine vielschichtige Allee auf einer Straße, die wir begehen, auf der uns KünstlerInnen entgegenkommen, auf der digitale Versatzstücke aufblitzen – zeitlos und doch gerade der Programmatik von KiG! zuzuordnen, archivarisch und filmisch zugleich. Der Film trägt seine Protokolarabsicht in sich und hat dennoch künstlerische Handschriften der 6 FilmschnittregisseurInnen, die für die Kapitel verantwortlich zeichnen, ebenso die Rhythmik der Rahmen, würde ein bildender Künstler sagen, die Rhythmik einer bewegenden Sequenz, die in das Innenleben, in den Körper von KiG! eindringt, in eine zeitlose Fahrt, die sich um die einzelnen Zeitachsen und Zeitabfolgen legt.

Kunst hat ihre Zeit und ist über diese Zuordnung und über die 20 Jahre KiG! hinaus zeitlos – hoffentlich. Die Vielzahl zeugt von Vielzeit und dem vielkünstlerischen Engagement, was Graz kulturell ausmacht. Ich persönlich schreibe seit 2004 Kolumnen, habe Workshops über Drehbuchschreiben geleitet, Filmpräsentationen und Fotoausstellungen und Lesungen über KiG! abgehalten, Migrationsküchen und Displaced Projekte vorbereitet und 2 Filme zum Tag der Arbeitslosen mitgestaltet – alles samt Thematiken mit Brennpunkt soziokultureller gesellschaftspolitischer Relevanz. KiG! war und ist für mich künstlerischer Motivator, Anstoß, weiter zu gehen, Randzonen und Kreativzonen, Ateliers und KünstlerInnen auszumachen, Menschen zu begegnen, Menschen in ihrer gesamten Dimension – Frauen wie Männer, wie umgekehrt. KiG! ist ein Pool, der vielleicht etwas roten Faden in seiner Vielfalt benötigt, um eine klare Zielrichtung auszumachen, ohne das Spektrum zu verlassen, ohne zu zersplittern, um der Grazkulturstadt 2020 etwas heuer noch vorzugeben, etwas, das Graz über diverse Eventkultur hinaus ausmacht und menschlich Kultur in einen Nahebezug setzt, den InstitutionalistInnen schwer erkennen vermögen, weil sie sich von Bodenständigkeit und Wurzeln entfernt haben, ebenso in ihrer eigenständigen theoretischen Abfolge.

KiG! hat eben seine eigenständige Abfolge, die nun filmisch lesbar gemacht, geleistet, seinen wesentlichen Beitrag zum soziokulturellen Miteinander – von wo aus der Volkshausbalkon eine Basis über kommunale Trägerfunktionen hinaus bietet, kulturell bedingt zwar „Wahlempfehlungen“ abgibt, jedoch den nötigen geistigen Freiraum über Graz hinaus belässt. Das ist Kunst.
 
 
Kultur ist Gut
20 Jahre Kultur in Graz
 
Regie:
Adina Camhy
Andrea Schabernack
Anita Hofer
Markus Pippan
Masoud Razavy Pour
Norbert Prettenthaler
Walter Schaidinger
 
(c) KIG! 2019