zur reform der presseförderung


Es ist zu begrüßen, dass die längst überfällige Reform der Presseförderung endlich ernsthaft in Angriff genommen werden soll, ebenso deren geplante Erhöhung nach Jahren rigider Kürzungen.
Im Zentrum dieser Reform muss allerdings die Definition des wichtigsten Kriteriums zur Fördervergabe stehen – jenes der inhaltlichen Qualität. Diesen Standpunkt vertrat Bundesminister Thomas Drozda noch letztes Jahr selbst: „Perspektivisch halte ich die Inhalte für das einzige entscheidende Kriterium.“ (1) Das steht seinem Ansinnen, nun auch Gratis-Boulevardmedien wie „Österreich“ und „Heute“ öffentliche Gelder zukommen zu lassen ebenso diametral entgegen, wie rechtsextremen Plattformen à la „unzensuriert.at“ oder dem „Wochenblick“ Zugang zu öffentlicher Förderung zu verschaffen, wie sie das Blatt „Zur Zeit“ bereits seit Jahren erhält. Ein solcher Beschluss wäre demokratiepolitisch fatal.
Nicht die Frage, ob ausschließlich verkaufte oder auch kostenlos vertriebene, nur gedruckte oder auch Online-Portale gefördert werden, ist dabei der springende Punkt. Das eine schließt das andere nicht aus, im Gegenteil. Das wichtigste Förderkriterium muss die inhaltliche Qualität, die journalistische Sorgfalt, sprachliche Kompetenz und das Bekenntnis zu einer pluralen, offenen, auf demokratischen Grundwerten und -rechten basierenden Gesellschaft sein. Es ist absolut inakzeptabel, dass gerade in Zeiten, in denen die dringende Notwendigkeit von Qualität und Vielfalt, von fundierter und differenzierter Berichterstattung, von zuverlässiger Information und Wissensvermittlung so offensichtlich zutage tritt, genau jene Blätter mit öffentlichen Geldern gefördert werden sollen, die Hetze, Desinformation und Angst verbreiten.
Gleichzeitig schließen die vorliegenden Pläne stillschweigend weiterhin jene vom Bezug der Presseförderung aus, die diese am dringendsten und sinnvollsten benötigen würden: nicht-kommerzielle Print- und Onlinemedien. Sie leisten, oft seit Jahrzehnten unter schwierigsten finanziellen Bedingungen, einen unverzichtbaren demokratiepolitischen Beitrag zur Vielfalt der ohnehin enorm konzentrierten österreichischen Presselandschaft. Zahlreiche nicht-profitorientierte Magazine und Zeitungen, regional wie bundesweit, bieten Raum für kritische Inhalte, ausführliche Debattenkultur und innovative Publikationsformen, die sich kommerzielle Produkte oft nicht leisten wollen. Vielfach setzen sie auf niederschwellige und/oder kreative Vermittlung von Inhalten und erreichen so ein Publikum, das trotz der scheinbar omnipräsenten Zugänglichkeit von Informationen ausgeschlossen bleibt. Der direkte Kontakt und Austausch mit LeserInnen generiert und hält jenes Vertrauen aufrecht, das kommerziellen Medien zusehends verloren geht. Entsprechend fatal sind die politischen Folgen, wie sich aktuell rundum zeigt.
Dieser Leistung, ganz im Sinne einer vierten demokratischen Gewalt, ist endlich Rechnung zu tragen, wie es in anderen europäischen Ländern längst vielfach fixer Bestandteil des medialen Selbstverständnisses ist. Die bestehende Publizistik-Förderung (2) wird den professionellen Standards der Branche in keiner Weise gerecht, im Gegenteil. Vielmehr muss sowohl eine Aufhebung des Kriteriums des Erscheinungsintervalls als Tages­ bzw. Wochenzeitung vorgenommen sowie die Anzahl der für den Bezug der Presseförderung geforderten redaktionellen Fixstellen in Relation zum jeweiligen Jahresumsatz gesetzt werden. Das kommt auch kleinen Verlagen zugute.
Analog zur nicht-kommerziellen Rundfunkförderung wie sie 2010 für die Freien Radios beschlossen wurde, kann eine nicht-kommerzielle Printmedienförderung in entsprechender Höhe eingerichtet und so der Fortbestand zahlreicher qualitativ hochwertiger Publikationen gesichert werden. Minister Drozda ist überzeugt, dass es „ordentliche Journalisten bei allen Medien“ gibt, doch nicht nur er stellt sich die Frage, „warum diese Jobs weniger förderungswürdig sind als andere“. Im Gegensatz zu Medienkonzernen allerdings, für die die staatliche Presseförderung bestenfalls ein nettes Zubrot darstellt, wäre sie für sogenannte Non-Profit-Medien und die in ihren Redaktionen tätigen JournalistInnen überlebensnotwendig. Wobei es sich tatsächlich um High-Profit-Medien handelt, höchst profitabel nämlich für eine zusehends unter Druck geratene Demokratie und Gesellschaft.

Evelyn Schalk
(1) derstandard.at/2000040620006/Drozda-Korruption-ist-ein-Begriff-den-ich-zurueckweis
(2) www.rtr.at/de/ppf/PubFBeirR
Im Gegensatz zur Presseförderung dürfen, um ggf. Publizistik-Förderung zu erhalten, keinerlei weitere öffentliche Förderungen (wie etwa Kultursubventionen) bezogen werden. Eine Unmöglichkeit in Anbetracht der niedrigen Fördersummen von jeweils wenigen tausend Euro:
www.rtr.at/de/ppf/PubFErgebnisse/Ergebnisse_der_Publizistikf%C3%B6rderung_II_im_Jahr_2016.pd