Konzentriert Euch


Während Artenkreuzungen und Zuzug in der Bienenwelt einem Teil der Imkerschaft Sorge bereitet, haben andere damit überhaupt kein Problem. Manche Völker sterben an Industrieüberzuckerung und Pestizidbelastung, während Zugabe und Belassung des eigenen gesammelten Honigs offensichtlich das immunologische Erfolgsrezept von Überleben ist. Mischehen, wie das Fremde um und in uns, bereiten im Vorwahlkampf wieder einmal vermehrt Sorge. Da wird politisch und medial pauschaliert und Flüchtlingsströme nehmen eigenartigste Wendungen und Zielrichtungen an. Wurden von einem befreunden Architekten noch vor Jahren “Touristic Landscapes”, eine Vollverbauung, der lybischen und maghrebinischen Küste vorgeschlagen, um den Menschen dort Arbeit und Perspektive zu geben, so ist man diesen Sommer mit seiner Riegel- und Abwehrmentalität noch näher an die grosse Paranoia herangekommen. Sizilien wird gerade zum Frontex-Center umfunktioniert. Außenminister Kurz möchte die gesamte Problematik um die Mittelmeerroute in Afrika zu lösen wissen, während Kanzler Kern sich berechtigt über den Brennerriegel alteriert. Spannend der NEOs-Vorschlag, für 99 Jahre nordafrikanisches Land zu pachten, um eben dort – wo man touristisch-wirtschaftlich ganz andere Möglichkeiten hätte – Asylaufnahmezentren als exterritoriale europäische Zonen zu führen. Diese Konzentrationszonen auf afrikanischen Boden werden logistisch zu organisieren wie polizei-militärisch zu führen sein, wobei sich bereits im Vorfeld die Frage stellt, wie weit dort europäische Asyl- wie menschenrechtliche Standards überhaupt gewährleistet sein können? Wie lange werden die Prüfungsverfahren dauern? Gibt es ein ordentliches Rechsmittelverfahren? Wie steht es mit juristischer Betreuung im Rahmen einer Verfahrenshilfe? Das Konzentrat Europa scheint sich immer weiter auf sog. Konzentrationszonen zu konzentrieren; Nadelöhre, wo sich Massen drängen werden und Negativbescheinigte wieder in ihre Ursprungsländer oder sonst wohin zurückgeschckt werden. Und wie soll das ablaufen, ohne dass man Leben und Schutz dieser Menschen nochmals “aufs Spiel” setzt? Ob Menschen aus humanitären, wirtschaftlichen oder klimatischen Gründen gezwungen sind ihre Heimat zu verlassen, das will man offensichtlch nicht mehr auf und über europäischen Boden verhandeln. Dabei spielt wahrscheinlich ebenso der Hintergedanke, das Dublin-Abkommen auf einen anderen Kontinent zu transferieren, eine Rolle, um dann von Lybien nach Algerien, nach Mali, in den Niger usw. rückführen zu können, was eben dort zu einer Verschärfung der Grenzziehungen und der Grenzübergänge und der gesamten politischen Situation führen wird. Östereich wird davon direkt kaum betroffen sein, außer mit der Auseinandersetzung mit seiner eigensten direkten Umgangskultur und seiner Geschichte eben, die ja nur wenige afrikanische Bezugsachsen aufweist. Hannibal ist ja nicht gerade über die Arlberg und Brenner nach Rom unterwegs? Und wirtschaftlich-touristisch sind die Beziehungsgeflechte nach Lybien nahezu aufgelöst. Die Ressourcenausbeutung eines ganzen Kontinentes wird ja auf den europäischen Kolonialhabitus zurückfallen müssen, was gerade uneinsichtig dem Regelment der eigensten Täuschung unterliegt. Wenn Österreich in Lybien Land pachten würde, um dort im Rahmen einer EU-Kontingent-Quotenregelung Asylverfahren abzuhalten, stellt sich weiter die Frage, warum das nicht im klassischen Sinne über Botschaften und Konsulate geschehen könnte, und wie weit solch ein System nicht wieder von Schleppern, Mafioten und Menschenhändlern unterwandert werden wird. Wird nicht gerade der humanitäre Aspekt bei solchen Versuchen weiter in den Hintergrund, zurück in die Wüste, getrommelt? Gerade diesen Sommer werden Interventions-Schlüsselzentren, sog. “key hubs” in der südlibyschen Sahara im Bani Walid, Rebyana, Tazerbu und Kurfa diskutiert und der österrichische Innenminister berichtet stolz aus Tunis. Kurz oder lang wird sich Spielfeld in wüstere Regionen verlagern, dort wo eine Weiter- bzw. Rückführung schwer einsichtig und zu kontrollieren sein wird. Ertrinken wird in der Sahara niemand – der Rest scheint kalkuliert vorprogrammiert. Und für den, der bezahlt, ist das eiskalte Kalkül offenbar politisch wie finanziell leistbar. Nordafrika anderwertig aufzubauen und auszustatten wäre wohl die europäische Herausforderung der Zeit. Aber dabei spielen Österreich und Ireland sicher keine zentrale europäische wie internationale Rolle – wie in deren Volksmusik. Und die Frage nach Human-Right- Standards im Bani Walid wird an die ExpertInnen des ETC (Europäisches Trainings Center for Human Rights – UNI Graz) zur Prüfung weitergegeben werden müssen. Graz als Menschenrechtstadt trifft da die humanitäre Pflicht, eben nicht weg zu sehen. Ich habe gerade an einem der heissesten Tages des Jahres ein Video über den Menschenrechtspfad im Grazer Leechwald an das ETC geschickt, während die sich eine Carnia Biene eben dorthin in den Schatten verzogen hat. Diese kam bekanntlich aus Kärnten angeflogen. Wahrscheinlich flog sie über Köflach hierher, ohne zu wissen, wie es schwarzafrikanischen Asylwerbern im Bezirk Köflach gerade ergeht.